Warum regnet es?
Für Kinder hier bei uns in Namibia ist Regen nichts Normales. Sie kennen eigentlich nur die Sonne. Sie spielen den ganzen Tag draußen, tragen nur selten Schuhe – wirklich nur im Notfall und äußerst widerwillig – und laufen das ganze Jahr über im T-Shirt herum. Wenn es einmal regnet, ist das meistens nur kurz, der Regen ist warm, und sie sind schnell wieder getrocknet, weil die Sonne sofort wieder herauskommt und heiß herunterbrennt.
Aber es gibt als ganz seltene Ausnahmen natürlich auch Tage, an denen es anhaltend regnet. So ein Tag war gestern. Es schüttete den ganzen Tag, die Sonne war praktisch nicht zu sehen, und es war sehr kalt. Die Temperatur sank bis auf 14°. Da ist dann natürlich auch der Regen nicht mehr warm, und es ist genauso unangenehm, draußen zu spielen, wie an vielen Tagen in Deutschland.
Eben nun erzählte eine Freundin, ihr gut fünfjähriger Sohn konnte diesen ungewohnten Regen, der den ganzen Tag über anhielt, überhaupt nicht verstehen.
„Warum regnet es den ganzen Tag?“, fragte er.
Meine Freundin antwortete: „Das ist eben manchmal so. Manchmal regnet es den ganzen Tag.“
„Aber dann kann ich gar nicht mit meinen Freunden spielen“, sagte er.
Das Ganze war so ungewöhnlich für ihn, dass er sich Gedanken darüber machte, wie es sein kann, dass es die ganze Zeit regnet. Ein paar Tropfen ab und zu, das kennt er, aber anhaltenden Regen nicht. Das bringt seine ganze normale Routine, die auf draußen spielen und Sonne ausgelegt ist, durcheinander.
Weil Regen so etwas Außergewöhnliches ist, machen sich die Kinder auch andere Gedanken zum Regen, um ihn sich zu erklären. So erzählte der Nachbarsjunge dem Sohn meiner Freundin, es regnete deshalb, weil alle toten Menschen und Tiere an die Wolken klopfen, damit der Regen herauskommt.
Das ist afrikanische Mythologie. Die Geister der Ahnen – und offensichtlich auch die Geister der Tiere – kümmern sich darum, dass es den Lebenden gutgeht. Wenn die ganze Zeit die Sonne scheint, wird alles sehr trocken, also muss es auch einmal Regen geben. Aber Regen ist nichts Natürliches. Nur die Sonne ist natürlich, weil sie jeden Tag da ist. Also muss man den Regen „herausklopfen“, wenn man ihn braucht.
Nach den zwei vergangenen Tagen, an denen es immer wieder und dann sogar – wie der Sohn meiner Freundin zu seinem Leidwesen feststellen musste – anhaltend geregnet hat, scheint heute wieder die Sonne. Aktuelle Temperatur 23,8°, also immer noch nicht sehr warm, aber doch schon ein großer Unterschied zu 14°. Jetzt, da es auf Mittag zugeht, wird es von Minute zu Minute wärmer. Der Himmel ist wieder blau, noch etwas von Wolken gesprenkelt, aber es sieht nicht mehr nach Regen aus.
Schön für den Sohn meiner Freundin, der jetzt wieder mit seinen Freunden draußen spielen kann, nicht so gut für unsere Pflanzen und Tiere, die nach den vergangenen trockenen Monaten mehr brauchen als nur zwei Tage Regen. Aber ein ganz klein wenig hat der Regen die Wasserreservoirs wieder aufgefüllt. In den letzten Monaten war das Wasser rationiert, es ging immer mehr zur Neige, und wir konnten nur eine begrenzte Menge verbrauchen, da niemand wusste, wann es endlich regnen würde. Das Land braucht eine gute Regenzeit, damit es blühen und gedeihen kann.
Ah… Erinnerungen…
Ich komme aus einem Land, in dem Regen gefährlich sein kann, wenn der sich nicht auf die Regenzeit begrenzt.
Mein Vater aber kam aus einer Insel, auf der sich Kakteen wohl fühlen. So selten ist dort starker Regen, dass meine Cousinen raus rannten, sangen und tanzten, wenn es doll geregnet hat!
Beeindruckend für mich, wenn ich dort meine Familie besucht habe: die trockene Erde mit tiefen Rissen.
Jetzt lebe ich „am Nordpol“, wo Sonne Mangelware ist und es regnet viel und es ist immer kalt.
Ja, hier ist es genauso. Die Leute laufen auf die Straße, lachen, tanzen, singen, hüpfen durch Pfützen und freuen sich tierisch, wenn es anfängt zu regnen.
Aber auch bei uns kann Regen gefährlich werden. Vor ein paar Jahren hatten wir eine Regenzeit, die gar nicht mehr aufhören wollte, die alles weggeschwemmt hat. Insbesondere im Norden, wo es ja auch normalerweise nicht ganz so trocken ist wie hier unten bei uns, gab es Überflutungen, und Häuser, die die Leute zu nah am Rivier gebaut hatten, wurden weggeschwemmt. Zum Teil hatten die Leute sogar direkt im Rivier Hütten gebaut, weil es jahrelang nicht mehr so geregnet hatte. Eigentlich sollte jeder hier in Namibia wissen, dass die Riviere bei Regen anfangen, Wasser zu führen, aber die Leute hatten es nach den langen trockenen Jahren einfach vergessen.
Ich glaube, ich könnte nicht in einem Land leben, in dem Sonne Mangelware ist. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich versuche Dir mal ein bisschen Sonne von hier rüberzuschicken. 🙂